In unserem Blog Über den Wolken – Cloud Computing haben wir erklärt, was es mit dem Phänomen Cloud Computing auf sich hat und wie sich Cloud-basiertes Übersetzen gestaltet. Doch kann sich die Cloud tatsächlich als Alternative zur lokalen Software behaupten?
Wir haben uns Argumente für und gegen das Übersetzen in der Cloud angesehen und einen Blick in die Zukunft gewagt.
Grenzenlose Freiheit
Anwendungen über das Internet zu beziehen, bietet auf den ersten Blick viele attraktive Vorteile: Cloud-Anwendungen können von allen Betriebssystemen (Windows, Linux, Mac OS) und allen Standorten (mit Internet-Konnektivität) bezogen werden. Dadurch sind auch die Anwendungen und Daten von jedem Rechner erreichbar sind. Die Daten sind immer mit dem aktuellsten Stand im Internet gesichert. Dank des Webservers kann auf eine aufwändige Installation und Wartung verzichtet werden. Und das alles kostet so gut wie nix.
Meine Daten = Deine Daten
Aber die Crux an der Sache liegt gerade in der Grundvoraussetzung ihrer Vorteile: Die Daten sind unwiderruflich im Internet. In Deutschland ist zwar per Gesetz eine unverschlüsselte Datenübertragung und -speicherung verboten, aber rein technisch besteht die Möglichkeit, zu jedem Zeitpunkt von jedem Rechenzentrum aus auf die Daten zuzugreifen, die auf den Webservern abliegen. Eine wirkliche Kontrolle darüber, was mit den Daten am Ende passiert, hat der User also nicht. Und wer weiß, wo einem die Daten nach einigen Jahren zufällig wieder begegnen.
Alleskönner oder Poser ?
Funktional betrachtet kommen Cloud-basierte Übersetzungsumgebungen (noch) nicht an ihre lokalen Schwestern heran. Vor allem in den Bereichen Projektmanagement, Qualitätssicherung und Datenpflege bieten lokale Translation Memory Systeme weiter greifende Möglichkeiten. So sind z. B. die Dateityp-Einstellungen komplexer, die Qualitätsmodule ausgereifter und Terminologie sowie TM-Daten lassen sich besser bereinigen, hierarchisieren und attribuieren. Natürlich liegt die Cloud in den Bereichen Workflow-Management, Zusammenarbeit und integrierte Rechnungslegung weiter vorn, da dank der Internetanbindung ganz neue Möglichkeiten aufkommen: Die User greifen alle auf zentrale Ressourcen zu, paralleles Arbeiten wird unterstützt und viele Arbeitsabläufe lassen sich automatisieren oder andere Systeme einfach integrieren.
Beispielhafter Funktionsumfang Cloud vs. lokales TM
Einen beispielhaften Einblick in die Funktionsweise des Webeditors und des lokales Editors von memsource erhalten Sie in unserem Tutorial Memsource-Editoren. Wie Sie Ihr TM mithilfe von Attributen strukturieren und diese bei der Vorübersetzung verwenden können, erfahren Sie im Tutorial Tag Penalty Profile bei XTM International.
Wie mit der Cloud abgerechnet wird
Wir möchten die Gelegenheit nutzen und eine Frage beantworten, die bei unserem Fachvortrag auf der tekom Frühjahrstagung Alles nur gecloud…Wie grenzenlos ist Cloud-basiertes Übersetzen wirklich? aufgekommen ist. Zentrale linguistische Ressourcen, Echtzeit-Synchronisation und paralleles Arbeiten sind schön und gut – aber wie kann eine faire und eindeutige Abrechnungsbasis bestehen, wenn sich die TM-Bestände im Laufe der Projektarbeit ändern? Aus unserer Sicht gibt es heute zwei Möglichkeiten, dieses Problem anzugehen: Entweder man einigt sich mit dem Auftraggeber auf einen festen Zeitpunkt, zu dem die Basisstatistik für die Abrechnung erstellt wird (z. B. nach Projekterstellung und Vorübersetzung). Das birgt jedoch die Gefahr, dass mehr abgerechnet wird als am Ende tatsächlich erarbeitet wurde. Oder aber man verwendet eine Auswertung, die nur diejenigen Worte enthält, die bei Projektende tatsächlich übersetzt oder angepasst wurden. Dann kommt es ein bisschen auf das richtige Timing an, denn schnellere Übersetzer greifen auf einen geringeren Datenbestand zu, haben dadurch mehr Aufwand aber auch einen höheren Rechnungsbetrag. Hier ist auf ‚Cloud-Lösungsseite‘ sicherlich noch Denkarbeit zu leisten, um Übersetzern, Kunden und Auftraggebern auch bei der Abrechnung in der Cloud transparente und faire Maßgaben zu ermöglichen.
Zukunftsmusik
Natürlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass der Trend des ‚Always-on‘ – der Arbeit im Internet – sich fortsetzen wird. Dank einfacher Erweiterbarkeit und steter Weiterentwicklung werden die Möglichkeiten in der Cloud immer innovativer. Zudem werden Internet-Verbindungen immer stabiler und belastbarer. Alternativlösungen wie Private Clouds, Hybrid-Lösungen, PaaS (Platform as a Service) oder IaaS (Infrastructure as a Service) ermöglichen den Usern größeren Einfluss auf die Sicherheit ihrer Daten und die Gestaltung von Anwendungen.
Wahrscheinlich ist es nur eine Frage der Zeit, wann die Cloud es schaffen wird, auch im Übersetzungsbereich die grundlegende Skepsis der Anwender und vor allem die Angst um ihre Daten zu zerstreuen. Wir beobachten gespannt, wie es weiter geht und bleiben für Sie up to date und up in the cloud.