Germanismen – Die „Wanderlust“ des Deutschen

Germanismen – Die „Wanderlust“ des Deutschen

Die deutsche Sprache ist verbreiteter, als man denkt. So, wie sich hier Sprachästheten über „Rendezvous“, „Notebooks“ oder auch „gefixte Bugs“ echauffieren, so ist im englischsprachigen Raum schon manch einer „über-annoyed“ vom exzessiven Gebrauch von Germanismen.

Vom Übermenschen zum Bildungsroman

Eine hohe Prominenz in der englischen Sprache hat die deutsche Vorsilbe „über“ gefunden, die sich seit etwa 20 Jahren im britischen und US-amerikanischen Slang etabliert hat. Sie dient dazu, etwas besonders starken Ausdruck zu verleihen: „über-cool“, „über-tasty“ – oder die bekannte deutsche „über-Efficiency“ (The Guardian 2011).

Aber nicht nur in die englische Umgangssprache hat das Deutsche Einzug gefunden, interessanterweise findet sich vor allem in der amerikanischen Bildungssprache eine Vielzahl von Germanismen: Angefangen beim „Bildungsroman“ über die „Sturm-und-Drang-Zeit“ bis hin zum „Übermensch“ nach Nietzsche. Letztgenannter Germanismus wurde wohl gewählt, da der englische Begriff „Superman“ durch seine Verwendung in Comics und Actionfilmen irgendwann unangebracht erschien. Möglicherweise war es genau der „Übermensch“, der die Grundlage für das heutige „Über-Modell“ legte. (Die Welt 2013).

Der „Wihajster“ ist kaputt

Nicht nur im Englischen findet sich eine Vielzahl von Germanismen, auch in anderen Sprachen hat man Gefallen an deutschen Ausdrücken gefunden. Das simple und doch so aussagekräftige Wort „kaputt“ ist fast überall auf der Welt bekannt, nicht zuletzt durch den Anarcho-Slogan „Macht kaputt, was euch kaputt macht.“ In Tansania bezeichnet man mit dem Wort „nusu kaput“, halb kaputt, sogar die Narkose.

Der polnische „Wihajster“ stammt ebenfalls aus der deutschen Sprache, zu Deutsch „Dingsbums“ („Wie heißt er?“). Im Finnischen und Argentinischen wird beim Anstoßen „Kipp es!“ gerufen.  Im Libanon sagt man „Ach so!“, wenn man einen Sachverhalt endlich verstanden hat. Und in Afrikaans werden die Deutschen „aberjetze“ genannt, da sie sich in der Kolonialzeit mit dem Befehl „Aber jetzt!“ beliebt gemacht haben – So viel zur deutschen „Über-efficiency“. Weitere charakteristische Beispiele hierfür: Das japanische „Arubeito“ (Nebenjob) sowie der kroatische und serbische „Streber“ (sehr fleißiger Schüler).

“Call me on my handy!”

Der vielleicht interessante Fall liegt allerdings beim Wort “Handy” vor. Zuerst ins Deutsche mit einer neuen Bedeutung aus dem Englischen entlehnt – kehrt es nun mit ebendieser Bedeutung (Mobiltelefon) ins Englische zurück. So hört man heute nicht selten amerikanische „Business People“ in ihr „Smartphone“ sprechen: „You can reach me on my handy!” – Ist das jetzt ein Anglizismus oder ein Germanismus? Oder eine deutsche Scheinentlehnung, die als Lehnbedeutung ins Englische zurückgekehrt ist? Was meinen Sie?


Beitragsbild von Thomas Röggla auf Unsplash.

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