Terminologie, quo vadis?

Terminologie, quo vadis?

Hat sich in Ihrem Unternehmen schon ein umfassendes Management Ihrer Terminologie durchgesetzt? Haben Sie eine Terminologiedatenbank, auf die Autoren und Übersetzer zugreifen? Aber fragen Sie sich manchmal, ob im Zeitalter zunehmender Digitalisierung die „menschliche“ Arbeit an Begriffen und Benennungen tatsächlich noch so wichtig ist? Kann man nicht bald alles der künstlichen Intelligenz überlassen? Welche Aspekte der Terminologiearbeit spielen heutzutage noch eine Rolle? Wir beleuchten, warum Terminologiemanagement heute so wichtig wie eh und je ist.

Terminologiearbeit über Deep Learning?

Die Basis für eine positive Corporate Identity sind qualitativ hochwertige, einheitliche und eindeutige Unternehmensdokumente. Dafür ist es essenziell, dass Fachbegriffe klar definiert sind und unternehmensübergreifend einheitliche Benennungen dafür verwendet werden. Inzwischen gibt es Ansätze für die Erstellung von Definitionen und die Ermittlung von Synonymen über Deep Learning und Wortvektorenmodelle. Dafür werden vorhandene Modelle mit Unternehmenskorpora kombiniert, um Kontexte von Benennungen zu ermitteln und daraus Metadaten und Definitionen abzuleiten. Bei der Synonymermittlung über Wortvektorenmodelle geht man noch einen Schritt weiter: Durch Berechnung von Wortvektoren wird ermittelt, welche Wörter in ähnlichen Kontexten auftreten und somit potenziell synonym oder bedeutungsähnlich sind.

Doch auch wenn die künstliche Intelligenz immer besser wird, ist die fachliche und terminologische Prüfung der Ergebnisse unerlässlich. Denn zu einer fundierten Terminologiearbeit zählt nicht nur die deskriptive Ermittlung der bisherigen Terminologie-Verwendung, sondern auch präskriptive Vorgaben. Darunter fallen Vereinheitlichung von verwendeten Synonymen, Festlegung einer einheitlichen Vorzugsbenennung und eindeutige Abgrenzung, um bisher uneinheitliche Terminologie-Verwendung zu verhindern. Spätestens hierfür sind Terminologen und Fachexperten unverzichtbar.

Für die Vereinheitlichung der Unternehmensterminologie braucht es Abstimmungsprozesse mit (menschlichen) Abteilungsvertretern, Terminologen und Fachleuten. Unterstützt werden die Prozesse durch Terminologiesysteme mit Vorschlagsverwaltung, Abstimmungsworkflows und verschiedenen Rollen und Status. In vielen Fällen beschränkt sich das Terminologiemanagement heute noch auf einzelne Abteilungen. Der Ausweitung der Abstimmungsprozesse auf das gesamte Unternehmen und der immer besseren Toolunterstützung gehören die Zukunft.

Terminologie in einer Datenbank

Terminologievorschlag zur Diskussion in Quickterm

Kommentare zu Terminologieabstimmung in Quickterm

Integration von Terminologie in Wissensnetzen

Während der Anspruch der unternehmensweiten Abstimmungsprozesse (theoretisch) schon lange besteht, ist die Integration der Terminologie in Wissensnetzen eine eher neue Entwicklung. Was bedeutet das? Wissensnetze beruhen auf der Idee, Begriffe in Beziehung zueinander zu setzen und ihnen strukturierte Informationen zuzuordnen. Dadurch können bei einer semantischen Suchanfrage Informationen ausgelesen und Verknüpfungen hergestellt werden, die dem Nutzer deutlich weitreichendere Ergebnisse als die herkömmliche stichwortartige Suche liefert.

Was kann die Terminologie dazu beitragen? Die Grundlage von Wissensnetzen wie von der Terminologie sind Begriffe mit Bedeutung. Um ein Fachgebiet umfassend zu verstehen und terminologisch zu bearbeiten, ist die Ausarbeitung der Beziehungen zwischen Begriffen essenziell. Zur Abbildungen im Terminologiesystem eignen sich Begriffssysteme.

So kann Terminologiemanagement aussehen.

Beispiel für ein Begriffssystem in quickTerm

Ein logischer nächster Schritt in der Wissensverwaltung im Unternehmen ist die Verfügbarkeit auf die im Begriffssystem abgebildeten Beziehungen über semantische Suchen. Dafür müssen die Beziehungen zwischen den Begriffen computerlesbar sein. Hier kommen Ontologien ins Spiel: In Ontologiesprachen werden Begriffsinformationen und -beziehungen formal repräsentiert und bilden die Basis für semantische Anfragen.

Ein Beispiel für die Nutzung semantischer Suchanfragen ist ein Nutzer, etwa ein Mitarbeiter im Verkauf, der spezifische Informationen zu einem bestimmten Fachgebiet sucht. Er könnte z. B. fragen: „Welche Leuchtmittel sind für die Frontleuchte verfügbar?“ In einer semantischen Suche, die auf einer Ontologie basiert, werden über die Beziehungspfade zwischen den Begriffen Informationen zu möglichen Ursachen und zugehörigen Maßnahmen aktiviert. Als Ergebnis erhält der Mitarbeiter passende Artikel für den genannten Zweck.

Weiterverwendung in anderen Geschäftsbereichen

Durch Ontologien werden Beziehungen zwischen Begriffen, die in der Terminologiedatenbank sorgfältig aufbereitet wurden, computerlesbar verfügbar gemacht. Dadurch eröffnen sich neue Potenziale der Weiternutzung der Terminologie in anderen Geschäftsbereichen neben Redaktion und Übersetzung. Die semantischen Suchen, die auf Ontologien beruhen, können für Webshops im Vertrieb, für Chatbots in der Kundenbetreuung oder für die Entwicklung von Sprachassistenzssytemen verwendet werden. Hier unternehmensübergreifend an einem Strang zu ziehen und die Terminologie als Basis für alle auf Sprachdaten beruhenden Unternehmensprozesse zu verwenden, ist mehr als sinnvoll.

Fazit: Terminologie ist überall!

Wird Terminologie also unwichtiger? Ein klares Nein! Auch wenn die Maschine bei der „Fleißarbeit“ wie Analyse der bisherigen Terminologieverwendung sehr gewinnbringend unterstützen kann, ersetzt sie nicht die präskriptive Terminologiearbeit mit terminologischem und fachlichem Wissen. Fundierte präskriptive Terminologie spielt als Basis vieler Geschäftsprozesse eine unersetzbare Rolle: Dazu zählt (nach wie vor) die Erstellung qualitativ hochwertiger Unternehmensdokumentationen, wie auch die Verbesserung von maschineller Übersetzung. Ein hohes Potenzial bieten Ontologien, bei denen die Sprachdaten aus der Terminologie weiterverwendet werden. Hier entsteht eine große Chance, da sich durch Weiterverwendung der Terminologiedaten für den Vertrieb eine Kostenersparnis für das Unternehmen nachweisen lässt.



Beitragsbild: „Kurioser Siri-Bug: Bestimmte Wörter lösen in Deutschland Notrufe aus“ von Marco Verch. Lizenz: CC BY 2.0.

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